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Rückkehr unerwünscht

Verantwortlicher Autor: Sharon Oppenheimer Berlin, 05.05.2019, 16:49 Uhr
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Berlin [ENA] Er war ein gefeierter Schauspieler, Regisseur, Kabarettist und Sänger bis zur Machtergeifung der Nazis. Insgesamt wirkte er in über siebzig Filmen mit und dennoch blieb er der Bühne treu. Er schaffte mühelos den Sprung vom Stummfilmdarsteller zum Tonfilmstar und war der erste Interpret von ,,Mackie Messer". Ein Publikumsliebling, dessen wohl berühmteste (Neben-)Rolle im Blauen Engel unvergessen bleibt: Kurt Gerron.

Eigentlich wurde er 1897 als Kurt Gerson in Berlin als Einzelkind einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren. Mit 17 Jahren machte er Abitur und wollte Arzt werden, wurde aber als Soldat im ersten Weltkrieg eingezogen und mehrmals verwundet. Sein Studium wurde verkürzt und er wurde dann erneut, diesmal als Lazarettarzt an die Front geschickt. Wegen seiner Verwundungen aus dem Krieg gab er später seine Arbeit als Arzt auf und wandte er sich 1920 der Schauspielerei zu.

Zunächst trat er in Stummfilmen auf und galt als Idealbesetzung für Schurken aller Art. Von 1920 bis 1925 war er unter anderem an den Berliner Reinhard Bühnen engagiert. Daneben spielte er in Revuen und Kabaretts. Der Künstler wurde durch seine Darstellungen und Gesangsvorträge in der 1928 sensationell erfolgreich uraufgeführten "Dreigroschenoper" von Bert Brecht und Kurt Weill. Er spielte darin den Moritatensänger, welcher „Die Moritat von Mackie Messer” vortrug, sowie die Rolle des Londoner Polizeichefs Tiger Brown.

Die Rolle des Zauberkünstlers in Josef von Sternbergs "Der blaue Engel" (1930) machte ihn unsterblich, außerdem wirkte er in der Filmoperette "Die Drei von der Tankstelle" (1930) mit, die für den noch unbekannten Heinz Rühmann den Durchbruch im Filmgeschäft bedeutete. Gute Kritiken erhielt Gerron auch als Regisseur beliebter Filme, wie "Es wird schon wieder besser" mit Heinz Rühmann oder "Der weiße Dämon" mit Hans Albers.

Der "Judenboykott-Tag" am 1. April 1933 traf ihn hart: Mitten in den Dreharbeiten forderte der Produktionsleiter Gerron auf, das Studio zu verlassen. Eine Odyssee begann: mit seiner Frau Olga und seinen Eltern floh Gerron 1933 nach Paris, von da über Österreich und Italien nach Amsterdam. Nach der Besetzung der Niederlande 1940 durch deutsche Truppen spielte Kurt Gerron noch eine Weile an der „Joodsche Schouwburg“ bis das gesamte Ensemble deportiert wurde. Gerrons Freund Peter Lorre und Marlene Dietrich hatten noch versucht ihn nach Hollywood zu holen. 1943 wurden Gerron und seine Familie durch die Nazis in das niederländische Durchgangslager Westerbork verschleppt, Ende Februar 1944 dann nach Theresienstadt.

In der Hölle von Theresienstadt errichtete Kurt Gerron ein Kabarett: das "Karussell". Im August 1944 wurde Gerron von der SS gezwungen, den vorgeblich dokumentarischen Film „Theresienstadt“ zu inszenieren und das KZ als Kurort für Juden zu inszenieren. Dieser Film wurde später unter dem Titel „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ bekannt. In Theresienstadt erkannte ein SS-Mann Kurt Gerron, der in einem Nazi-Propagandastreifen durch Ausschnitte aus seinen Filmrollen als Prototyp des „minderwertigen Juden“ vorgeführt worden war, und schlug den arglosen Gerron brutal zusammen.

Im Oktober 1944, nach dem Abschluss der Filmarbeiten wurde Kurt Gerron zusammen mit anderen, an diesem Film Beteiligtenund seiner Familie mit der Anweisung „Rückkehr unerwünscht“ nach Auschwitz transportiert, wo er kurz nach seiner Ankunft in der Gaskammer ermordet wurde.

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